Als samenfest bezeichnet man Pflanzen, die in der nachfolgenden Generation wieder ähnliche Merkmale ausbilden wie die elterliche Generation. Wenn ihr euch vorstellt, dass ihr eine Tomatenpflanze vermehren wollt, so sollten die Blätter, Früchte, die Pflanzengesundheit, die Größe, das Wachstum und die Robustheit der zweiten Generation der Tomatenpflanzen denen der vorherigen Generation ähneln.
Das klingt im ersten Moment vollkommen einleuchtend, denn wer in der Schule im Biologie Unterricht gut im Feld der Genetik aufgepasst hat, weiß, dass sich die Gene der Eltern weiter an die nachfolgende Generation vererben.
Über 6000 Jahre lang, seitdem der Mensch Pflanzen anbaut, war es Tradition jedes Jahr den Samen eines Teils der eingebrachten Ernte einzubehalten um im nächsten Jahr wieder sein kleines Feld oder seinen Garten bestellen zu können. So hatte jeder Bauer, Gärtner, ja fast jede Familie ihr eigenes Saatgut. Man tauschte sich auch großzügig untereinander aus. So kann man sich vorstellen, dass es zu jenen Zeiten eine riesige Bandbreite an verschiedenen Sorten gab, die natürlich alle samenfest waren.
Mit der Industrialisierung um 1900 kam auch die Vergrößerung der Agrarindustrie. Viele Menschen zogen vom Land in die Städte und suchten dort nach Arbeitsplätzen. Die kleinbäuerlichen Strukturen wichen den großen Agrarbetrieben. Unter dieser Entwicklung litt ganz besonders die Sortenvielfalt unserer Kulturpflanzen. Die Verantwortung der Sicherstellung unserer Ernährung und der Saatgutproduktion wurde mehr und mehr in die Hände der großen Agrarbetriebe und Saatgutkonzerne gelegt.
Eine dramatische Veränderung für die Sortenvielfalt unserer Kulturpflanzen. Mittlerweile sind bereits 70 - 80 % unserer Nutzpflanzenvielfalt ausgestorben. Das ist eine verheerender Entwicklung, wenn man bedenkt, dass die Natur und das Leben aus Vielfalt und einem großen Genpol schöpft und dass sich diese Pflanzen auch über viele Generationen an die regionalen klimatischen Bedingungen anpassen konnten.
Als ob das nicht schon genug wäre, drängt die Forschung mit riesigen Schritten weiter und weiter.
Bereits ganz alltäglich und überall zu kaufen sind die so genannten F1 Hybride. Sicher habt ihr beim Gurkensamen Kauf oder Ähnlichem schon mal auf der Packung F1 Hybrid gelesen. Diese durch bestimmte Zuchtverfahren entstandenen Sorten sind für euch im Garten nicht weiter vermehrbar. Diese Sorten und dieses Saatgut wird von ausgebildetet Züchtern über einige Pflanzengenerationen gezüchtet. So gehen die Hybridsorten aus zwei verschiedenen Inzuchtlinien hervor. Man kann sich das so vorstellen, das eine Pflanze über mehrere Generationen immer wieder mit sich selbst gekreuzt wir, bis sie "reinerbig" ist, also nur noch einen ganz kleinen Genpol besitzt. Das kann schon mal 7-15 Pflanzengenerationen dauern, je nach Sorte und Pflanzenfamilie. Sobald die Pflanze reinerbig ist wird diese mit einer anderen reinerbigen Pflanze gekreuzt. Durch diese Verkreuzung steht nun wieder anderes Genmaterial zur Verfügung und in der nächsten Generation (F1) kann man davon ausgehen, dass der Heterosis-Effekt eintritt, die F1 Hybriden also mit einer starken Leistungsfähigkeit in Bezug auf Fruchtbildung und Wachstum ausgestattet sind.
Wenn wir aber einen Blick in die Natur werfen und wie die Natur mit der Genetik umgeht, stellen wir fest, dass die Natur in den aller meisten Fällen darauf bedacht ist, Inzucht zu vermeiden um einen großen Genpol und Vielfalt zu gewährleisten. Aus dieser Vielfalt entsteht Vitalität, Kraft, Gesundheit und der Reichtum des Lebens.
Aus diesem Grund ist es so wichtig, dass wir alle wieder mehr biologisches Saatgut und alte Sorten im Garten oder auf dem Feld anbauen - um diesen Reichtum an Lebenskraft zu erhalten.
Und damit immer noch nicht genug ist die nächste Stufe nach den "normalen" Hybriden nun das CMS Saatgut. CMS ist eine Abkürzung für cytoplasmatische, männliche Sterilität. Es handelt sich hierbei noch nicht um genetisch veränderte Pflanzen aber dennoch werden diese im Labor unter unnatürlichen Bedingungen und mit strittigen Methoden herngezogen. Das Merkmal der männlichen Sterilität wird hierbei einfach gesagt unter dem Mikroskop auf andere Pflanzen übertragen und diese damit völlig unfruchtbar gemacht. Außerdem unterliegt dieses Saatgut noch nicht einmal der Kennzeichnungspflicht und wird längst in der konventionellen Nahrungsmittelproduktion eingesetzt.
Und damit immer noch nicht genug folgt nun das Feld der genetisch veränderten Pflanzen, der so genannten GMO's. Auf diese möchte ich hier aber nicht weiter eingehen, denn ich konzentriere mich auf das samenfeste Saatgut und gärtnere naturnah.
Wenn ihr auch daran interessiert seid, biologisch und mit der Natur im Einklang zu gärtnern, dann empfehle ich euch samenfestes Biosaatgut in eurem Garten zu verwenden. Ihr könnt mit diesem Saatgut jedes Jahr euren eigenen Samen aus dem Garten ernten, was viele Vorteile mit sich bringt. Eure Pflanzen werden sich von Generation zu Generation an die Bedingungen in eurem Garten gewöhnen und stark und robust werden. Ihr könnt alte Sorten anbauen, die besser schmecken, mehr sekundäre Pflanzenstoffe und Vitalstoffe enthalten und bunter aussehen. Damit unterstützt ihr auch den Erhalt und die Vergrößerung der Sortenvielfalt. Ich kann euch nur sagen, dass es riesen Spaß macht, verschiedene Sorten auszuprobieren und das Geschmackserlebnis zu haben!
Ich hoffe, ich konnt euch in dieser Hinsicht etwas die Augen öffnen und euch inspirieren. Lasst mir gern ein Kommentar da und schreibt mir ob ihr auch samenfestes Saatgut in eurem Garten verwendet.
Dieses Buch liegt schon seit einiger Zeit auf meinem Schreibtisch und wird jedes Jahr aufs Neue durchstöbert und durchforstet. Es beinhaltet nützliche Tipps und Methoden zur Saatgutgewinnung. Viele Sorten und unterschiedliche Pflanzen ob einjährig oder zweijährig werden genau beschrieben. Vom Zeitpunkt der Saatgutentnahme bis zu möglichen Verkreuzungen mit anderen Sorten wird alles genau beschrieben. Tolles Buch für eure eigene Samen Gärtnerei.
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Regenbogenkreis für unsere Gesundheit
Anja von Anjas-Garten Reich (Donnerstag, 03 September 2020 07:36)
@Pumpernickl
Prinzipiell kannst du das Mutterkraut mit allen anderen Kräutern die dir schmecken mischen. Da es ein Frauenkraut ist bieten sich auch andere Kräuter die gut für Frauen sind an wie Kamille und Frauenmantel. Ich würde dann die anderen Kräuter besonders hoch dosieren z.B. die Kamille und vom Mutterkraut nur wenig dazugeben. Man sagt es würde reichen ein Blatt des Mutterkrauts am Tag zu kauen über einen längeren Zeitraum. Dh. der Tee müsste auch über einen längeren Zeitraum getrunken werden um seine Wirkung zu zeigen. Ich bin allerdings kein Mediziner oder Apotheker und kann dir da nichts versprechen und auch keine genauen Angaben machen. Probiere es aus wie es dir am besten schmeckt. LG Anja
Pumpernickl (Freitag, 28 August 2020 08:50)
ok, welche teemischung würde sich da denn dann eignen, dass es nicht zu bitter wird gegen kopfschmerzen. Möchte es als Geburtstagsgeschenk machen. lg
Anja von Anjas-Garten Reich (Mittwoch, 19 August 2020 22:36)
@Pumpernickl
Hallo, wenn eine Pflanze eigentlich im 2. Jahr erst Samen ausbildet, tut es auber schon im 1. Jahr dann sollte man keinen Samen nehmen. Es würden daraus auch neue Pflanzenentstehen aber man fördert damit das "Schießen in den Samen" zu zeitig. Das machen Pflanzen die unter STress stehen. Z.B. wenn es zu heiß ist. Also immer nur von gesunden, kräftigen Pflanzen nehmen. :) Vom Mutterkraut schneide und trockne ich Blüten und Blätter und mache sie in einige Teemischungen mit rein. Aber nicht zu viel, weil es auch sehr herb und bitter werden kann. Sehr lecker mit Honig und einem anderen Kraut beigemischt z.B. Zitronenverbene. LG Anja
Pumpernickl (Mittwoch, 19 August 2020)
Hallo Anja,
dein Saatgut Video fand ich toll! Wie ist das wenn eine 2- jährige Pflanze, z.B. Mangold, Rote Beete, Pastinake.. schon im ersten Jahr in Blüte geht. Das ist bei mir der Fall! Kann ich dann die eigenen Samen im nächsten Jahr nehmen oder entwickelt sich dann keine Pflanze drauß ?
Du hast mal erwähnt, dass du aus Mutterkraut Tee gegen Migräne machst. Nehm ich dafür die Blüten oder die Blätter? lg
Jürgen (Sonntag, 02 Februar 2020 23:31)
Hallo Henry (der vom Fach ist!),
leider muss ich auch Dir widersprechen: Alle Eigenschaften unserer "Lebensmittelpflanzen" wurden von der Natur "gemacht", keine einzige vom Menschen. Die Züchter-Menschen haben nur Pflanzen mit nützlichen Eigenschaften ausgewählt bzw. später bestimmte Eigenschaften gezielt kombiniert.
"Sorten" wurden zwar von Menschen gemacht, nicht aber deren Eigenschaften; auch die heutigen Gen-Techniker setzen von der Natur (z. B. durch Mutation) geschaffene Eigenschaften in andere Pflanzen ein; sie sparen sich die notwendigen Kombinationszüchtungen oder umgehen sie da, wo sie nicht möglich sind (zwischen verschiedenen Arten); sie sind keine Züchter mehr sondern eben Gen-Techniker (falls Du daraus hinaus wolltest, dass die gen-technisch erzeugten Pflanzen genauso vom Menschen gemacht werden wie die früheren Sorten, dass es da keinen Unterschied gäbe).
Beste Grüße
Jürgen
Henry Wollentin (Dienstag, 27 Februar 2018 12:09)
Übrigens, liebe Anja, ist deine Aussage über die Inzucht auch nicht ganz korrekt. Wenn du magst, können wir uns gern darüber unterhalten. Wenn du in der Öffentlichkeit Tipps und Anleitungen gibst, sollten diese fachlich korrekt sein.
Liebe Grüße
Henry Wollentin (Montag, 26 Februar 2018 09:19)
Hallo liebe Anja,
dein sehr guter Beitrag zu diesem viel diskutierten Thema enthält einen kleinen Fehler. Ich bin zwar grundsätzlich mt dir einer Meinung, kann es aber aus fachlicher Sicht so nicht stehen lassen.
Du vergleichst die Sortenvielfalt der "alten" Landwirtschaft mit dem großen Genpool der Natur. Dies wird oft getan. Dabei wird aber leider vergessen, dass genau diese Sortenvielfalt bereits Menschenwerk ist, denn der überwiegende Teil unserer Lebensmittelpflanzen kommt so in der Natur gar nicht vor. Fast alle Lebensmittelpflanzen wurden durch Züchtung aus oft nur einer einzigen Art erzeugt, was man auch sehr gut am wissenschaftlichen Artnamen ablesen kann. So entstammen alle Tomatensorten einer einzigen Wildpflanzenart mit kleinen Früchten unter 1 cm, die kaum zu gebrauchen war. Ähnlich ist es bei Kohl, Mais etc.
Die Erhaltung der Sortenvielfalt ist ein sehr erstrebenswertes Ziel, vor allem weil die verscheidenen Sorten an unterschieldiche Standorte angepasst sind (Nord- und Süddeutschland ist ein großer Unterschied. 50 m über normal Null ist was anderes ans 1.000 m über Null), aber dennoch sollten wir bei der Begründung nicht auf Mythen zurück greiufen, sondern die schonungslose Wahrheit sagen: ohne das züchterische Eingreifen des Menschen gäbe es keine Sortenvielfalt, die Natur hat damit wenig zu tun. Andernfalls würden wir nicht von Sorten-, sondern von Artenvielfalt sprechen. Allein der Begriff "Sorte" zeigt, dass diese Pflanze in der Nautr nicht vorkommt und vom Menschen gemacht wurde.
LG Henry (der vom Fach ist!)
Basti (Montag, 26 Juni 2017 22:39)
Liebe Anja,
vielen Dank für diesen informativen Beitrag. Wir haben in diesem Jahr viel mehr auf unser Saatgut geachtet und werden das auch in Zukunft tun. Wir haben uns für Bio-Saatgut Gärtnereien aus unser Region entschieden. In unserem Fall in Brandenburg. Das ist vielleicht auch noch ein Tipp an alle Naturgärtner: Schaut mal in Eurer Region nach lokalen Gärtnereien, welche Bio-Saatgut und alte Sorten anbieten. Du hast eine schöne Webseite und wir stöbern gerne bei dir herum. LG Basti von Naturgartenideen
Anja von Bio-Garten Reich (Dienstag, 28 Februar 2017 10:27)
Lieber Marco,
Danke für deinen tollen Kommentar. Bei uns kommt auch nur samenfestes Saatgut in den Garten.
Liebe Grüße
Marco (Dienstag, 03 Mai 2016 02:17)
Hallo,
ich bin über Deinen Youtube Channel hier her gekommen und lese mich gerade etwas tiefer in Deine Seite ein :-) Dieser Beitrag hat es mir besonders angetan, ich nutze seit langer Zeit ausschließlich ursprüngliches und nachhaltiges Saatgut. Leider findet man immer mehr F1 Hybride und sonstiges unnatürliches Zeug in den Saatregalen der Märkte. Mein Garten ist winzig (28 m2), aber man glaubt kaum, was Dank guter Hochbeete und Säulenobst da rauszuholen ist. Spritzmittel jeglicher Art oder Kunstdünger würde ich nie einsetzen und man braucht sie auch definitiv nicht.
Ganz liebe Grüße
Marco